Meine persönliche Verletzlichkeit ist in meinen Augen sehr hoch ausgeprägt. Ich trage jetzt noch die Verletzungen aus meiner Kindheit mit mir herum, aber besonders die, die ich im jungen Erwachsenenalter erlebt und ausgehalten hatte. Ob privat oder im Beruf. Jede Nacht überrollen sie mich wieder in meinen Träumen und lassen mich nicht los – oder kann ich einfach nicht loslassen?!
Manchmal würde ich die Themen gerne psychotherapeutisch aufarbeiten, dann hab ich wiederum aber auch Angst vor einem neuerlichen psychotischen Schub, den ich damit heraufbeschwören könnte. Auch mein Psychiater nimmt Abstand davor. Besonders, weil ich zu Zeit weit weg bin von Stabilität wie sie von Nöten wäre.
Seit meiner Erkrankung ist es mir auch zu eigen geworden, dass ich jede Aussage wörtlich nehme und häufig auf mich beziehe. So finde ich ironisch gemeinte oder als Witz gemeinte Kommentare überhaupt nicht komisch, sondern nehme sie ernst; usw…
Wenn ich dann persönlich reagiere heißt es nur: du verstehst aber auch keinen Spaß mehr. Stimmt ja auch, ich kann es nicht mehr als solchen verstehen. Ich denke auch sehr lange darüber nach, wenn sich jemand kritisch gegenüber mir äußert – kann es nicht locker nehmen, wenn ich mich bevormundet fühle oder ähnliches. Alles nehme ich als kränkend war oder es untergräbt mein Selbstwertgefühl.
Was ich auch als eine Art Verletzung empfinde, ist Stress, der bei mir durch kleinste Kleinigkeiten ausgelöst werden kann. Kein normaler Mensch würde „meinen Stress“ als solchen für sich empfinden. Aber anscheinend gehört das zu meiner Erkrankung dazu, dieses übersensible Reagieren auf so vieles. Hier merke ich jedoch zumindest, dass ich in Minischritten daran arbeiten kann, wenn es mir relativ gut geht und ich medikamentös gut eingestellt bin.
Das ich überempfindlich auf äußere Reize reagiere bzw. sehr offen für äußere Reize bin, daran kann ich mich schon in meiner Kindheit erinnern. Aus bestimmten Gründen war ich darauf angewiesen bestimmte Personen „lesen“ zu können und bestimmte Geräusche herauszuhören. Dadurch konnte ich als Persönlichkeit überleben, mich bestimmten Situationen entziehen. Später im Beruf war dieses Erfühlen und Hineinfühlen meine größte Stärke. Später wurde es mir zum Verhängnis, was zu meine Krankheit auslöste… So zumindest meine Theorie!
Dermaßen verletzlich wurde ich meiner Meinung nach, weil es mir in schlimmen Situationen von Anfang an an Beistand fehlte. Und solche Situationen gab es ausreichend. Irgendwann lief das Fass dann einfach über…
Das ist meine persönliche Krankheitstheorie zu meiner Erkrankung. Ich möchte das nicht pauschalisieren. Vielleicht regt es zum Nachdenken an, was die Theorie eines zugrundeliegenden Traumas betrifft (siehe „Offener Dialog“ / Finnland / alternativer Ansatz zur Behandlung von Psychosen). Für mein Verständnis zur Entstehung meiner Psychose haben die Begriffe: Double bind und Vulnerabilitäts-Stress-Modell und den damit verbundenen Verletzungen eine große Bedeutung. Für jemand anderen mag etwas anderes zutreffen! (siehe LINKS)