Die Diagnose gemischt schizoaffektive Störung / Psychose bedeutet für mich: ich bin manisch, depressiv und schizophren. Ich empfinde es als Kombination von drei einzelnen psychischen Erkrankungen. Ich hab manische, depressive und psychotische Phasen, wobei ich selber die psychotischen Episoden am eindrucksvollsten empfinde. Die Depression würde ich als meine Grundstimmung beschreiben, die manischen Phasen als Ausreißer nach oben. Sie sind wesentlich seltener als die Depressionen oder Psychosen. Die einzelnen Episoden treten teilweise hintereinander, teilweise zusammen auf. Seit der Geburt meiner Tochter bin ich so gut wie nie komplett symptomfrei gewesen.
Edit: Seit ca. November 2018 treten kaum bis keine Symptome auf!
Meine Manie: ich brauche kaum noch Schlaf und bin trotzdem fit, ich glaube alles zu schaffen, ich werde zeitweise im Ausdruck sehr kindisch und kichere vor mich hin, ich fang an alles was mir gefällt im Internet zu bestellen (damit hat mein Mann das größte Problem), ich plappere durchgehend, bin mit meinen Argumenten sehr überzeugend und habe für mein Verhalten immer eine unanfechtbare Erklärung bereit, ich werde für meine Verhältnisse hyperaktiv und euphorisch.
Meine Depression: Ich bin ohne Antrieb, alles ist mir gleich zu viel, ich habe Versagensängste, bin am Heulen ohne objektiven Grund, fühle mich wertlos und ungenügend, grüble über die immer gleichen Dinge, habe übertriebenen und unbegründete Ängste – fast Panik meinen Alltag nicht zu schaffen, möchte am liebsten nur schlafen und mich völlig zurückziehen von meiner Umgebung, ich meide jeglichen sozialen Kontakt. Drei Mal in meinem Leben habe ich gegen Selbstmordgedanken gekämpft.
Meine Psychosen: Ich habe Halluzinationen (außerhalb und innerhalb meines Kopfes akustische, sowie optische und taktile), ich kommuniziere telepathisch mit einem „Big Brother“, alle Umgebenden können meine Gedanken lesen (Gedankenausbreitung)- das Handeln aller ist dadurch beeinflusst, ich habe einen starken Beziehungswahn und denke die ganze Welt richtet sich an mir aus (Radio, Werbeplakate, Zeitungsüberschriften, Fernsehprogramme, Gespräche von Personen) – ich fühle mich als Opfer einer schrecklichen Tat – alle wissen bescheid und versuchen mich zu retten. Mir kommt alles wie eine riesige Familienaufstellung vor.
Ich versuche gedanklich die Wahninhalte nachzuvollziehen und aufzulösen, dadurch drehen sich die Gedanken in rasendem Tempo in meinem Kopf; solange, bis ich zusammenbreche weil ich meine Situation nicht mit Logik aufklären kann.
Meine Frühwarnsymptome vor einer Psychose: ich bin gereizt, müde – kann schlecht schlafen, bin sehr licht- und geräuschempfindlich, launisch, kann mich schlecht konzentrieren, fange an das ganze Haus zu entrümpeln, anfangs arbeite ich mehr als sonst – bis ich völlig erschöpft bin, ich habe wandernde Schmerzen, ziehe mich zurück.
Im Prodromalstadium meiner Erkrankung habe ich auch hypochondrische Phasen gehabt, war sehr euphorisch und hatte einen sehr starken Würgereiz, wenn ich mich beim Entrümpeln von den Sachen trennte.
Meine belastenden Lifeevents und belastenden Faktoren:
- aufgewachsen in schwierigen Familienverhältnissen
- Scheidung der Eltern
- Tod der Schwester
- Trennung
- Druck und Mobbing sowie Burnout
- einseitige Verliebtheit
- Einzelgängertum
- 2 Schwangerschaften und Geburten
- Übermäßige Angepasstheit, nicht Nein-Sagen-Können
- Unterschiedliche Erziehungs- und Kommunikationsstile der Eltern
- Hohe Ansprüche an sich, Perfektionismus
- Tendenz zum „Strebertum“
- Vormachtstellung des „Über-Ichs“
- Gefühl des Nicht-Genügens oder der Minderwertigkeit
- Hypersensibilität, hohe Intelligenz
Meine Stressoren:
- alles, was meine Tagesroutine durcheinander bringt
- soziale Kontakte aufbauen und pflegen
- Schlafmangel
- Lärm
- spontane Aktionen meines Mannes
- Besuch für mehrere Tage
- mein Gewichtsproblem (bedingt durch meine Medikamente)
- viele Termine oder Erledigungen in der Woche
- der Haushalt
- meine Kinder – die sind allerdings auch meine größte Ressource
- Verhalten bei dem ich mich bevormundet oder in meiner Persönlichkeit nicht respektiert fühle
Ich finde deinen Text wunderbar und konnte mich durch meine Krankheit gut hineinversetzen. Ich wünsche dir alles Gute und bleib stark.
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