Vorerst änderte sich an den äußeren Umständen noch nichts. Bis die Schwiegereltern auszogen dauerte es noch ca. ein dreiviertel Jahr. Danach fühlte ich mich wesentlich wohler in meiner Haut und vor allem freier, der Mensch zu sein der ich bin.
Nach der Entlassung aus der Psychiatrie hatte ich nur ein Medikament, ein Antipsychotikum: Zyprexa 20mg. Mein Psychiater begann sofort nach dem ersten Besuch bei ihm zu reduzieren, da er merkte wie eingedämmt ich durch das Medikament war. Wir reduzierten langsam über mehr als ein Jahr. Bis dahin war ich wahnsinnig schläfrig, auch tagsüber. Ich nutzte jede Gelegenheit zu schlafen. Wenn die Kleine schlief, schlief ich auch. Manchmal schlief ich im Sitzen ein, während mein Kind bei mir war um zu spielen. Dennoch half ich meinem Mann im Stall, so gut es ging – meine Tochter nahmen wir mit sobald sie wach war. Eine sehr anstrengende Zeit für mich. Der Haushalt blieb da meist auf der Strecke – tut es auch heute noch. Aber meine Energien wollte ich für Wichtigeres verwenden. Wirkliche Besserung meines Befindens trat erst ein, als ich auch ein Antidepressivum (Citalopram) dazu verschrieben kam, und die Dosis vom Zyprexa auf 7,5 herabgesetzt war. Ab da dache ich dann – ok, so ist das Leben wieder lebenswert und kann ich mir vorstellen auch gut weiterzuleben. Von der Psychose hatte ich eigentlich nie wieder Positivsymptome gehabt, aber es gab noch die anderen Nebenwirkungen des Antipsychotikums: Restless legs, Gewichtszunahme, erhöhtes Durstgefühl, Verstopfung, Muskelverspannungen.
Wir reduzierten weiter bis auf 2,5 mg. Anfangs fühlte ich mich sehr gut, aber dann trat doch eine Unsicherheit bei mir ein, ich fühlte mich rasch überfordert. War mir nicht sicher, ob die Reduzierung gut gehen würde. Mein Psychiater meinte, wir sollten dennoch ganz absetzten. Ich stimmte dem zu, weil mein Mann und ich beschlossen hatten noch ein Kind zu wollen. Unsere Tochter sollte nicht alleine bleiben.
Es dauerte nicht lange – vielleicht drei Wochen, und Symptome wie Schlaflosigkeit, leichte Erregbarkeit, Licht- und Lärmempfindlichkeit, wandernde Schmerzen, Tinnitus stellten sich ein. Schließlich fing die Grübelei wieder an, und ich begann innerlich über eine bestimmte Person herzuziehen. Und das umräumen und entsorgen nicht zu vergessen. Ich konnte nicht abschalten. Ich begann ständig vor mich hinzusingen, um die Gedanken zu unterbrechen. Jetzt sind sie für mich klar meine Frühwarnsymptome.
So musste ich nach ca. 6 Wochen wieder das Zyprexa ansetzen. Damit stabilisierte ich mich bis auf hie und da ein paar akutstische und optische Halluzinationen.
Dieser kleine Rückschlag ließ uns aber unsere Schwangerschaftspläne nicht ad acta legen. Auch mein Psychiater stand dem weiterhin positiv gegenüber. Nachdem ich stabil war, wurde ich auf Quetiapin 50 mg umgestellt, da dies soweit bekannt die wenigsten Auswirkungen auf den Fötus haben sollte. Eine Babydosis, wie mein Arzt es nannte. Und so begann ein neuer Abschnitt…