Hier möchte ich betonen, dass es sich rein um meine Empfindungen handelt. Gemeint sind auch nicht die ersten Reaktionen auf meine Einweisungen, sondern dass Verhalten mir gegenüber, seit bei mir die Diagnose gestellt wurde.
Mein Mann: Er hat mich mit der Erkrankung kennengelernt und ich habe ihn am zweiten Tag unseres persönlichen Kennenlernens darüber informiert und kurz erklärt, was Sache ist. Meinen zweiten Schub hat er miterlebt, und ich muss sagen, er hat wunderbar reagiert. Er hat instinktiv das Richtige getan mit meiner Einweisung; er hat mich jeden Tag mit meiner Tochter besucht – und zu Hause sofort wieder als Person ernst genommen und respektiert. Nur eins fehlt ihm bis heute ein wenig – die Geduld mit mir. Es ist für ihn erstens schwierig meine Symptome nachzuvollziehen und versteht nicht, warum es so lange dauert, bis ich wieder „funktioniere“. Er meint es nicht böse, aber er drängt mit der Zeit zunehmend auf meine Mithilfe am Hof und sonstigen Aktivitäten. Das kann für mich schon sehr belastend sein.
Meine Schwiegerfamilie: Wir reden nicht darüber, eine Schwägerin fragt öfter wie es mir so gehe – aber nur auf oberflächlicher Ebene. Und meine Schwiegermutter wollte wissen, ob sie und ihr Mann schuld an meiner Krankheit seien. (Wir lebten anfangs in einem gemeinsamen Haushalt – war schwierig!)
Meine Geschwister: Wir haben wenig Kontakt, aber sie fragen schon mal interessiert – ist auf einer distanzierten und praktischen Ebene ganz angenehm.
Meine Mutter: Ist glaub ich nach sechs Jahren nach der ersten Psychose immer noch damit beschäftigt einen Schuldigen oder eine sachliche Ursache zu suchen und zu finden. Sie war lange am Wegschieben jeglicher Schuld von ihr – dabei hat ihr nie jemand den Vorwurf gemacht, sie sei die Ursache.
Sie kann es immer noch nicht ganz lassen mich zu bedrängen mit dem was sie meint was gut für mich sei und was ich nicht alles an Aktivitäten machen solle usw. Sie unterstützt mich halt so, wie sie meint es müsse so sein. Ob ich das als Hilfe empfinde oder nicht ist ihr schnuppe. Hauptsache sie hat ihr bestes getan. Mir geht es da gar nicht so um praktische Unterstützung (Hausputz, Kinder), sondern um Beistand. Aber meine Mama ist so wie sie ist, und mittlerweile ist es ok für mich. Mir geht es besser mit ihrem Verhalten und ich verstehe es auch besser. Immerhin informiert sie sich jetzt mittels Literatur über die Krankheit – finde ich sehr gut.
Freunde die ich hatte: Vor meinem Umzug nach Deutschland hatte ich nicht viele Freunde, und die welche ich hatte, haben sich nach meiner ersten Psychose nach und nach von mir zurückgezogen. Sie hatten Schwierigkeiten mit der Krankheit an sich und sahen nicht, was anschließend Depression und Negativsymptomatik waren. Ich war nicht mehr unterhaltsam genug, redete kaum weil ich innerlich leer war, konnte keine „Gegenleistungen! mehr bringen… Sie wussten einfach nix mehr mit mir anzufangen. Ich war kurz gesagt in meinem Verhalten nicht mehr so wie sie mich kannten.
Eine war glaub ich richtig froh, dass ich weggezogen bin. Meine Mutter hatte sie gebeten mit auf mich aufzupassen, und das war ihr wohl doch zu viel Verantwortung.
Hier in Deutschland habe ich nur Bekannte. Es gibt erst eine außenstehende Person, mit der ich über mich geredet habe; eine Nachbarin – und die hat wunderbar reagiert! Vielleicht ergibt sich auch noch bei anderen Personen die Gelegenheit über die Krankheit zu reden. Erstens tut es gut, wenn die Reaktion positiv ausfällt und zweitens möchte ich ja zum Stigmaabbau beitragen. Ist gar nicht so leicht, denn schließlich kann ich die Gelegenheiten nicht herbeizaubern, aber zu einem offensiveren Vorgehen fehlt mir der Mumm…