Gedanken und Berichte

Die Zeit nach der Psychiatrie

Die ersten beiden Tage verbrachte ich mit Aufräumen meiner Wohnung, Essen einkaufen, und ich musste mich auf der Polizeidienststelle melden, weil mein Vermieter die Wohnung aufbrechen hat lassen, um zu sehen, ob mit mir alles in Ordnung sei. Außerdem hatte ich ja das Telekabel durchtrennt, worauf eine Anzeige erstattet wurde. Ich wurde von der Polizei auf die Dienststelle gebracht, dort schilderte ich meine Situation und legte meinen Entlassungsbrief vor. (Die Anzeige wurde wegen Nichtigkeit zurückgenommen.) Beim Hausarzt ließ ich mir die Medikamente rezeptieren, krankschreiben war nicht nötig, da ich ja keine Arbeit mehr hatte. Ich rief ohne Hoffnung im Betrieb an, wo ich mein Vorstellungsgespräch ohne Entschuldigung versäumt hatte und ich konnte es nicht glauben, sie gaben mir eine zweite Chance und ich durfte zum nächsten Monatsbeginn anfangen.

Ansonsten vermisste ich meine lachenden Pflanzen im Bürohaus gegenüber – alles war irgendwie leerer, so ohne besondere Bedeutung. Die Ampel war nur eine Ampel, ein rotes Auto nur ein rotes Auto… Ich fiel nach und nach in ein Loch. Aus der Wohnung wollte ich nur mehr ausziehen, alles hinter mir lassen. Auf meiner alten Arbeitsstelle verabschiedete ich mich, ohne groß auf meine Krankheit einzugehen. Ich saß es gar nicht als notwendig an großartig darüber zu reden. Bei der Entlassung hatte man mir versichert, es sei nur eine einmalige Episode gewesen, und ich hätte ja rasch auf die Medikation angesprochen, da bräuchte ich mir keine Sorgen machen. Die Medikamente sollte ich ca. eineinhalb Jahre nehmen.

Mit Müh und Not fand ich eine neue Wohnung, die ich als angenehm empfunden habe; die Vermieter waren sehr nett – ihnen reichte es, dass ich ihnen versicherte eine neue Arbeitsstelle zu haben. Was ich nicht auf die Reihe bekam, war mir zeitgerecht einen Psychiater zu suchen und mich in der psychosozialen Stelle zu melden. Ich war gehemmt und blockiert was das anging. Das Arbeiten fiel mir schwer, ich war immer übermüdet, zittrig, hat Sehprobleme, kaum Kraft in den Beinen, hatte ständig das Gefühl meine Arbeit nicht zu schaffen. Meine Kolleginnen schienen das nicht zu bemerken, sie mochten mich sogar ziemlich und arbeiteten gern mit mir. Der Umzug ging dank meiner Mutter mit wenigen Komplikationen vorüber, sie schenkte mir Geld, da ich selber kaum mehr Barschaft hatte. Ich verlor schlicht den Überblick wenn es ums Geld ging, ich verdiente auch weniger als vorher und kam gerade so über die Runden. Die Idee meiner Mutter, die sie immer wieder zur Sprache brachte, lehnte ich nach wie vor ab. Ich sollte mich arbeitslos melden, und mir ein paar Monate Zeit lassen um vollständig zu gesunden, und doch bei ihr wohnen.

So hatte ich vorerst mein Leben geregelt und konnte es unabhängig von jemand anderen führen. Mit Einschränkungen zwar, aber immerhin.

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