Gedanken und Berichte

1. Psychose (Teil 2)

Mein 33ster Geburtstag! Mein Bruder holt mich ab, und wir fahren zu meiner Familie (Mutter, noch ein Bruder mit Freundin) um zu feiern. Ich merke, ihm fällt gleich auf, dass irgendetwas komisch ist mit mir, allein wie es in der Wohnung aussieht. Ich tu so als wäre alles normal – bin euphorisch, schließlich erwarte ich Großes.

Auf der Autofahrt sehe ich in den Werbeplakaten wiederum Botschaften an mich. Ich teile die Autos nach Farben ein, innerlich antworte ich auf die Botschaften. Ich lächle vor mich hin und unterhalte mich mit meinem Bruder ziemlich normal.

Zwischenstopp an einem meiner Lieblingsplätze, ich bin ängstlich, fange an zu weinen, es beginnt zu regnen – der Himmel weint für mich. Auf die Frage was los ist antworte ich: ich weiß nicht ob er mich vergewaltigt hat, und rede wirr … Um es vorwegzunehmen: niemand hat mich je vergewaltigt, aber sexueller Missbrauch ist immer Thema meiner Psychosen, wenn sie ausgeprägt sind. Meine Brüder versuchen mich abzulenken, aber ich werde für sie immer komischer, rede wirres Zeug vor mich hin.

Wir fahren weiter zu meiner Mutter, in ihre Wohnung. Meine Stimmung switched schnell um von: ich fühle mich großartig bis wann kommt mich jemand holen, raus aus diese Situation, ich will gerettet werden. Die Freundin meines Bruders redet ruhig auf mich ein, meine Mutter ruft den Bereitschaftsarzt, weil ich immer länger Phasen der Verwirrtheit habe und offensichtlich sehr mit meinem Inneren beschäftigt bin und um mich herum mich keiner mehr versteht. Die Ärztin spricht mit mir, ich lehne Hilfe ab, es sei doch alles in Ordnung.

Es wird Abend – Nacht – ich bin allein im Gästezimmer, schaue nach draußen und versuche alles was ich sehe zu deuten – natürlich finde ich keine Lösung und meine Gedanken drehen sich immer schneller. Ich weiß nicht mehr wer wer ist, wem ich trauen kann. Mittlerweile bin ich mit meiner Mutter allein. Ich will gehen (es muss schon auf Mitternacht zugehen), mit dem Zug nach Hause zu mir fahren. Ich flüchte und mache mich zu Fuß auf Richtung Bahnhof (7km entfernt). Mein Mutter hat natürlich Angst und schickt meinen Bruder hinterher. Er findet mich, kann mich aber auch nicht stoppen. Ich gehe kreuz und  quer durch den Ort, will, dass alles nur mehr ein Ende hat und ich brauche Hilfe. Ich weiß nicht mal mehr wie ich heiße. Vor einer Tierarztpraxis bleibe ich vor der Tür sitzen – im Regen, ich läute an, niemand macht auf, mein Bruder hat in der Zwischenzeit die Polizei gerufen (oder der Tierarzt?).

Ich sitze heulend im Regen, meine Habseligkeiten habe ich unterwegs alle weggeworfen. Die Polizei nimmt mich mit auf die Wache, der diensthabende Arzt wird geholt und kann bestätigen wer ich bin – ich kann keine sicheren Angaben dazu machen. Er fragt was los ist, wie es mir gerade geht – ich bitte schließlich um Hilfe. Die ganze Zeit über kommuniziere ich innerlich mit meinem „Big Brother“, der alles um mich herum lenkt, den ganzen Tag „rede“ ich schon mit ihm, ich bin überzeugt er hat einen Plan und ich vertraue ihm, das alles gut ausgehen wird.

Mit Rettung und Polizeibegleitung werde ich in die Landesnervenheilanstalt ca. eine Stunde entfernt gebracht. Ich weiß ich bekomme jetzt Hilfe, ich beruhige mich, beobachte die Straßen, es ist kaum Verkehr – für mich bedeutet das, jemand sorgt für freie Fahrt nur für mich. Nach Mitternacht komme ich in der Klinik an; ich werde kurz untersucht und befragt, dann bringt man mich auf die Geschlossene. Dort muss ich mich duschen und bekomme dann einige Medikamente zum schlucken und darf erst mal schlafen, zum ersten Mal seit Tagen mache ich das dann auch…

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